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Houdini - High Noon Jersey - Longsleeve - Produkttest

Klaus Schrefler
Aktualisiert 13 Januar 2014
 
4.3 (1)
6887 0 5 0
High Noon Jersey

Erhältlich bei

Bergfreunde.de
Bergfreunde Outdoor-Store

Unterwäsche – ein Test von der Wiege bis zum Grab. Was ein Stück Wäsche so speziell macht und worauf sich das Augenmerk legen lässt, wenn man wissen möchte, was ein Diskonterteil von einem durchdachten Kleidungsstück mit speziellen Materialeigenschaften unterscheidet.

Unterwäsche testen? Das hat bei mir Premierenstatus. Als notorischer Verweigerer vom Unterleiberl bin ich umso neugieriger als ich erfahre, dass ich das Houdini – High Noon Jersey zum Test erhalten sollte.

Was erwarte ich mir eigentlich von einem Funktions-Longsleeve um deutlich jenseits der 100€? Was muss es können, um meine Ansprüche zufrieden zu stellen? Kann ich es vergleichen mit anderen Woll-Longsleeves, die vielleicht um die Hälfte oder weniger erhältlich sind? Zumindest die Materialeigenschaften hören sich speziell an. Airborn SilkMerino (75% Wolle, 25% Seide) lassen mich die Bergfreunde wissen, Alpha-Nähte, Daumenschlaufen. Die Beschreibung der Firma selbst besticht wie üblich durch Positiva. Mehr lässt sich wohl erst sagen, wenn ich es in Händen halte.

Es ist soweit, das ausgesprochen leichte Oberteil ist da, die Farbe „Red Alert“ gefällt mir, tendenziell geht sie eher ins Orange! Haptisch wie ich nun mal bin, will ich wissen, wie es sich angreift, wie es sich auf der Haut anfühlt. Das testet sich am Besten im Gesicht. Der große Aha-Effekt bleibt erst mal aus, aber was sagt das schon.

Ab in die Waschmaschine. Die 172g allein zu waschen wäre mehr als verrückt, ich such daher all mein sonstiges Wollmaterial zusammen, um die Trommel zu füllen, schließlich ist das innerhalb der EU hergestellte Shirt organic, renewable and biodegradeable und das wollen wir ja jetzt nicht mit Energieverschwendung zunichtemachen. 40°C, Feinwaschmittel und die Technik arbeiten lassen. Zeit für ein wenig Recherche – ich erlaube mir einen Ausflug in den Bereich der Herstellung – denn wenn ein Hersteller mit den besonderen ökologischen Eigenschaften wirbt, sollten diese Lorbeeren auch verdient sein.

Produktion
From cradle to grave heißt es, aber beginnen wir der Reihe nach. Das Material stammt von einem italienischen Zwischenhändler, zusammengenäht ist es in Litauen, wenn man dem Markerl Glauben schenkt. Na gut, beschäftigen wir uns ein wenig mit den Materialeigenschaften des SilkMerino, ein Mischgewebe aus natürlichen Bestandteilen. Seide wird aus den Kokons der ursprünglich aus China stammenden Seidenraupe gewonnen. Nun, was soll man sich als Nichtzoologe darunter vorstellen? In aller Kürze: die Raupe schafft sich ihren Kokon, also ihr Gehäuse, in dem sie heranwächst, selbst. Bereits nach 10 Tagen werden die Raupen getötet (für strenge Veganer also wieder nichts) und der Seidenfaden wird abgerollt, gereinigt und für die Weiterverarbeitung vorbereitet. Anders bei Merino; eine Schafrasse, die besonders feine Wolle trägt, wird bis auf die Haut geschoren, überlebt das Prozedere aber. Man sollte also meinen, dass damit generell kein Tierleid verbunden ist, weit gefehlt. Die Produktionsbedingungen sind im globalen Wettkampf hart, das bekommen auch Schafe zu spüren. Wer genaueres wissen will, sollte zum Begriff Mulesing recherchieren. (Nebenbei erwähnt, zur meist in Monokultur stattfindenden Baumwollherstellung werden ausgesprochen große Mengen an Pflanzenschutzmitteln verwendet – wozu diese eingesetzt werden, kann man sich leicht ausrechnen. Vom immensen Wasserverbrauch abgesehen, ist Baumwolle das landwirtschaftliche Produkt mit dem höchsten Chemikalieneinsatz.) Wem also Produktionsbedingungen ein Anliegen sind, sollte den Herstellerfirmen entsprechende Sensibilität beim Bezug der Ware abverlangen und dazu bedarf es einiger Hintergrundinfos. Den leichten Weg zur sauberen Weste gibt es nun mal nicht, zum sauberen Shirt wohl ebenso wenig. Houdini hat jedenfalls mehrere Nachhaltigkeitspreise gewonnen, wirbt auf der firmeneigenen Webseite mit mulesing-freier Wolle aus Südafrika. Die Seide kommt demnach aus einer chinesischen Fabrik, die ihre Energie weitestgehend aus Solarpanelen bezieht. Wie es in selbiger um die Arbeitsbedingungen steht, ist nicht erwähnt. Die Firma, die von einer Klettererin und Skifahrerin gegründet wurde, scheint zumindest weniger auf schnellen Profit zu setzen, als auf Nachhaltigkeit und Qualität.

Praxis
Zurück also zum Produkt, das inzwischen gewaschen ist. Es folgt der erste Praxistest. Wie verhält es sich wohl beim Trocknen? Langsamer als Kunstfaser, so viel steht fest, stört aber nicht. Zeit es über den Kopf zu ziehen. Dabei fällt der weite Ausschnitt positiv auf, nichts macht freiheitsliebende Menschen mehr wahnsinnig als ein enger Halsausschnitt. So, wie macht es sich auf der Haut? Leicht ist es und es fällt gut. Sehr warm erscheint es mir hingegen nicht zu sein. Als ich mich im kühlen Raum vor dem Computer setze, um die ersten Erfahrungen niederzuschreiben, merke ich, es handelt sich eben um Unterwäsche. Genug der Theorie, das Sitzen vorm Rechner nervt ohnehin. Oben noch was drüber gezogen und raus in die Kälte. Dort entfalten sich jetzt die wärmenden Eigenschaften. Auch das dezente Kratzen, das ich anfangs auf den Unterarmen verspürte, bemerke ich nun nicht mehr. Es verhält sich eigentlich ganz ähnlich wie Wolle, nur dass es eben viel leichter ist. Die Beimischung der 25% Seide macht es nicht nur formstabil und widerstandsfähig, sondern auch antistatisch, die Wolle sorgt dafür, dass es temperaturausgleichend wirkt. In der Kälte wärmt es, betritt man die warme Stube, bekommt man nicht gleich den Hitzekoller, ist es mal wirklich warm kühlt es sogar eher. Zudem nimmt die Wolle kaum unangenehme Gerüche auf, ein Vorteil, den man spätestens dann sehr zu schätzen lernt, wenn es auf Reisen geht und der Platz im Rucksack beschränkt ist. Mit dem geringen Gewicht gewinnt man dann mit dem Houdini doppelt. Ach ja, eingangs hatte ich ja bereits erwähnt, Alphanähte und Daumenschlaufen, erstere sorgen dafür, dass es auch bei den Nähten nicht auf der Haut scheuert, letztere dafür, dass die Hände dank der nach vor gezogenen Ärmel wärmer bleiben. Ob man das mag, ist Geschmackssache, ich persönlich schätze sie – wenn überhaupt - eher bei Hoodys als bei Unterwäsche, stören tun sie aber sicher nicht. Da sind wir auch schon bei einem weiteren Punkt. Auch wenn es sich um Unterwäsche handelt, Mann tanzt ja auch mal ohne Überwäsche rum. Wenn er dann hört, dass es echt gut aussieht, freut er sich dann doch. Ist vielleicht nicht der einzige Grund es zu erwerben, ganz unbedeutend ist es dennoch nicht. Es wird zur etwas wärmeren Zeit auch ohne etwas darüber ganz schick aussehen. Im Winter jedenfalls hat es seinen Praxistest bestanden. Wenn die Temperaturen über Null sind, genügt es lediglich eine Winterjacke darüberzuziehen, wie Unterwäsche sieht es ohnehin nicht aus.

Fazit
Alles in allem handelt es sich beim Houdini um ein absolut einwandfreies Produkt, für das es sich auszahlt, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Obwohl als Unterwäsche angepriesen, macht es auch im Alltag eine gute Figur. Man fühlt sich wohl darin und friert nicht. Wem die Natur nicht nur dort, wo er gerade selbst davon profitiert, ein Anliegen ist, dem sei das schöne Longsleeve wahrlich ans Herz gelegt.

Nun, jetzt hab ich doch noch etwas vergessen, hab ich gerade eben erst „von der Wiege bis zum Grab“ in den Mund genommen. Nehmen wir mal an, die gepriesene Langlebigkeit sei bis zum Ende ausgereizt, es wurde also so lange getragen, dass es nicht einmal mehr für die Altkleidersammlung taugt. Was nun? Ab auf den Komposthaufen! Houdini hat das Konzept durchgezogen, alles biodegradeable und das gefällt mir!

Produktdetails
Konstruktion
: Funktionsunterwäsche
Material: Airborn SilkMerino (75% Wolle, 25% Seide)
Größe: XS-XXL
Gewicht: 172 g (mittlere Größe)
Belüftung: über die Knopfleiste
Extras: Alpha-Nähte; Daumenschlaufen

Fotos

Houdini - High Noon Jersey - Longsleeve - Produkttest
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Bewertungen

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Klettern im Winter
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4.5
Der warme Winter hat mir mittlerweile einige Gelegenheiten gegeben das Shirt auch bei Mehrseillängen zu testen und es Merino-Longsleeves gegenüberzustellen. Zugegebenermaßen hab ich beim ersten Mal nicht damit gerechnet wie warm es ist und war damit deutlich zu dick angezogen. Bei den nächsten Malen war es dafür um so besser. Aufgrund der lockeren Passform ist es für mich persönlich noch angenehmer zu tragen als meine Woll-Shirts. Gerade für diese Tätigkeit wurde es so mein Favorit.
Vorteil:
+ leicht
+ geruchsarm
+ nachhaltig produziert
+ frisches Design
Nachteil:
- der Preis
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